Weihnachtszauber

O Nacht, in der der Heiland kam
Und Gottes Engel sangen,
Es hält dein Zauber wundersam
Die ganze Welt gefangen.
Heut’ klingt der Glocken Festgeläut’,
Als käm’s aus Himmelsfernen.
Die ärmsten Lichtlein gleichen heut’
Den strahlenhellsten Sternen.

In jedem Stübchen regt sich’s sacht,
Es rauscht auf allen Wegen
Geheimnisvoll die ganze Nacht
Von leisen Flügelschlägen.
Lebendig wird’s im dumpfen Stall,
Die stummen Tiere reden.
Ein Gottesfrieden herrscht im All
Wie einst im Garten Eden.

Heut’ birscht kein Fuchs, kein Raubzeug fliegt,
Der Wolf, des Waldes Schrecken,
Ruht, an die Hirschkuh traut geschmiegt,
In warmen Laub verstecken.
Gezwerge schweift durch Busch und Feld,
Es reigen Elfenpärchen –
Im deutschen Wald erwacht die Welt
Der lieben deutschen Märchen.

Doch ist’s nur Wenigen erlaubt,
Den Zauber zu erspähen.
Denn nur wer fromm an Wunder glaubt,
Der kann auch Wunder sehen.
Jetzt fegt das Land von Wundern leer
Der Spott, der Allvernichter,
Jetzt schau’n sie nur die Kinder mehr –
Die Kinder und die Dichter.

Ottokar Kernstock